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ERC Starting Grant für Fabian Coscia

05.09.2023 / Ob sich aggressive Krebszellen ungehindert ausbreiten können, hängt nicht zuletzt von ihrer zellulären Nachbarschaft ab. Fabian Coscia will analysieren, was genau in diesem Zusammenspiel auf der Proteom-Ebene passiert. Dafür bekommt er nun eine Millionenförderung des Europäischen Forschungsrates ERC.

Dr. Fabian Coscia im Labor. Foto: Felix Petermann, Max Delbrück Center
Dr. Fabian Coscia im Labor. Foto: Felix Petermann, Max Delbrück Center

Mit dem ERC Starting Grant bekommt die 2021 am Max Delbrück Center etablierte Nachwuchsgruppe von Dr. Fabian Coscia Rückenwind: Der Grant öffnet Türen und zieht zudem sehr gute Bewerber*innen für Doktoranden- und PostDoc-Stellen an. Neben Prestige geht die Auszeichnung mit einer Förderung in Höhe von 1,5 Millionen Euro über fünf Jahre einher. 

„Das ist eine riesige Auszeichnung für unsere bisherige Arbeit. Ich freue mich sehr über die Förderung für die nächsten Jahre“, sagt Coscia. „Wir sind gerade dabei, die Methoden für eine hochaufgelöste räumliche Proteomik zu etablieren. Danach wollen wir sie auf komplexes Tumorgewebe anwenden – mitunter als erste Gruppe überhaupt.“ Mit den neuen Technologien wollen die Forscher*innen unter anderem neue Mechanismen finden, mit denen Krebszellen der jeweiligen Therapie entgehen können und so ihr Überleben sichern.

Die Gutachter*innen des Europäischen Forschungsrats ERC legen Wert auf hochinnovative Ansätze, die – sofern sie funktionieren – neue Türen aufstoßen und erheblichen Fortschritt ermöglichen können („frontier research“). Die Kandidat*innen müssen seit ihrer Promotion zwei bis sieben Jahre Erfahrung gesammelt haben und vielversprechende wissenschaftliche Erfolge vorweisen können. In dieser Runde erhalten 400 europäische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlichster Fachrichtungen ERC Starting Grants.

Das Projekt „Deep Spatial Proteomics“ im Detail

Wenn der Krebs nach der ersten Therapie zurückkommt, setzen Patient*innen mit Plattenepithelkarzinomen im Kopf- und Halsbereich oft große Hoffnungen auf die derzeit verfügbaren Immuntherapien. Doch diese helfen nur etwa zwei von zehn Erkrankten. Coscia und seine Kolleg*innen wollen wissen, welche Zellen die Erkrankung antreiben, wie man sie in der klinischen Praxis erkennen und letztlich mit zielgerichteten Medikamenten in Schach halten kann.

Die zelluläre Nachbarschaft, also die Mikroumgebung der Tumorzellen, spielt dabei eine entscheidende Rolle. Während manche Zellen die aggressiven Nachbarn ausbremsen, helfen ihnen andere, sich weiter auszubreiten. Das dynamische Zusammenspiel lässt sich mit dem alleinigen Fokus auf die Gene nur unzureichend erfassen, meint Coscia. „Welchen Einfluss eine Genveränderung auf die Signalwege in der Zelle und in einem Gewebe hat, hängt davon ab, ob und in welchem Umfang die Zelle das mutierte Protein tatsächlich bildet.“

Dieses Geschehen in sehr hoher Auflösung für die Gesamtheit der gebildeten Proteine (Proteom) zu beobachten, war bisher unmöglich. „Jetzt gibt es große Fortschritte in Richtung räumliche Einzelzell-Proteomik auf der Basis hochempfindlicher Massenspektrometrie, die wir mitentwickelt haben“, sagt Coscia. „Diese Verfahren für die Analyse von Gewebeproben zu nutzen, ist für uns der nächste große Schritt, um das Tumor-Proteom zu entschlüsseln.“

Eine Reise in die Vergangenheit – für die Medizin der Zukunft

Seine Arbeitsgruppe kooperiert im MSTARS-Konsortium eng mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Für das Projekt „Deep Spatial Proteomics“ wollen die Forscher*innen Proben einer Kohorte mit Plattenepithelkarzinomen im Kopf- und Halsbereich retrospektiv analysieren. Mithilfe von hochauflösender Mikroskopie machen sie zunächst die Zellnachbarschaften sichtbar, in denen besonders aggressive Krebszellen sitzen. Eine von künstlicher Intelligenz unterstützte Bildanalyse spürt die verdächtigen Zellen auf. Anschließend werden sie mit höchster Präzision mittels Laser-Mikrodissektion isoliert. Für diese Zellen analysieren die Forscherinnen und Forscher jeweils mehrere Tausend Proteine – und nutzen maschinelles Lernen, um die Datenberge auszuwerten und mit dem klinischen Bild zu verknüpfen. „Das ist quasi wie Reise in die Vergangenheit. Wir kennen den gesamten Krankheitsverlauf, wissen also, wie es den Patientinnen und Patienten ergangen ist. So können wir unsere vielschichtigen Daten nutzen, um herauszufinden, welche Zellen und vor allem welche Proteine eine wichtige Rolle spielen, wenn eine Therapieresistenz entsteht“, sagt Coscia. 

Künftig will seine Arbeitsgruppe die Technologie auch prospektiv anwenden – und möglichst bei den besonders aggressiven Zellen eine Signatur von beispielsweise fünf bis zehn Proteinen finden, die Klinikärzt*innen nutzen können, um die erfolgversprechendste Therapie auszuwählen. „Wenn das klappt, ist die Technologie nicht nur für Krebs interessant. Sie ist auf alle möglichen Krankheiten anwendbar“, sagt Coscia. 

Das Max Delbrück Center 

Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (Max Delbrück Center) gehört zu den international führenden biomedizinischen Forschungszentren. Nobelpreisträger Max Delbrück, geboren in Berlin, war ein Begründer der Molekularbiologie. An den Standorten in Berlin-Buch und Mitte analysieren Forscher*innen aus rund 70 Ländern das System Mensch – die Grundlagen des Lebens von seinen kleinsten Bausteinen bis zu organ-übergreifenden Mechanismen. Wenn man versteht, was das dynamische Gleichgewicht in der Zelle, einem Organ oder im ganzen Körper steuert oder stört, kann man Krankheiten vorbeugen, sie früh diagnostizieren und mit passgenauen Therapien stoppen. Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung sollen rasch Patient*innen zugutekommen. Das Max Delbrück Center fördert daher Ausgründungen und kooperiert in Netzwerken. Besonders eng sind die Partnerschaften mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin im gemeinsamen Experimental and Clinical Research Center (ECRC) und dem Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité sowie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Am Max Delbrück Center arbeiten 1800 Menschen. Finanziert wird das 1992 gegründete Max Delbrück Center zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent vom Land Berlin.

Quelle: Pressemitteilung Max Delbrück Center
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