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Materialien der Zukunft

18.07.2023 / Das Start-up Cambrium erzeugt biotechnologisch neue Materialien. Erstes Produkt: ein veganes Kollagen. Interview mit Lucile Bonnin, Leiterin Forschung & Entwicklung

Ein Teil des Teams von Cambrium (Foto: Cambrium GmbH)
Ein Teil des Teams von Cambrium (Foto: Cambrium GmbH)

Cambrium wurde vor drei Jahren von Mitchell Duffy und Charly Cotton gegründet, Hauptinvestor ist Merantix. Was ist das Besondere an Ihrem Start-up und welche Mission verfolgt es?

Cambrium bringt Computerwissenschaften und Biologie zusammen. Wir wollen erdöl- oder tierbasierte Materialien durch nachhaltigere, biologisch abbaubare Optionen ersetzen. Mittels rekombinanter Proteine bilden wir Materialien nach, die mindestens so effizient wie ihre Vorbilder sind. Die Computerwissenschaft hilft uns, den „Lebensbaum der Biologie“ zu durchforsten und somit die vielversprechendsten Protein-Kombinationen für unsere weiterführende Arbeit im Labor zu ermitteln.
Unser erstes Produkt bietet eine Alternative zu herkömmlichem Kollagen, das hauptsächlich aus Rindern gewonnen wird. Für die biotechnologische Herstellung nutzen wir Hefe-Stämme, die wir so designen, dass sie exakt die gewünschten Proteine produzieren. Die Hefen wachsen auf Glycerol, einem natürlich vorkommenden Zuckeralkohol, oder vergleichbaren Futtermitteln. Unsere Technologie verbraucht weniger Energie, Land und Wasser.

Ihr erstes Produkt ist das vegane Kollagen NovaColl™. Wie gut ist es, und wie ist die Resonanz?

NovaCollTM ist ein mikro-molekulares und zu 100 Prozent hautidentisches Kollagen. Durch seine Struktur und die geringe Molekülgröße kann es, verglichen mit herkömmlichen Kollagenen, besser von den unterschiedlichen Hautschichten absorbiert werden.
Wir haben dafür innerhalb von zwei Jahren Millionen von Proteinsequenzen auf hautaktive Eigenschaften und Indikatoren für die Wirksamkeit untersucht, den Herstellungsprozess entwickelt und skaliert. Die Wirksamkeit und Sicherheit von NovaColl TM wurde wissenschaftlich validiert. Im Frühjahr haben wir NovaCollTM erfolgreich auf Branchenmessen in Barcelona und New York vorgestellt.

Wie sind die Teams von Cambrium aufgestellt?

Wir sind mehr als zwanzig Mitarbeitende. Im F&E-Team haben wir „Strain-Engineers“, die den Stoffwechsel der Mikroorganismen verändern können, um die richtigen Proteine zu erzeugen. Es gibt Biochemiker, die Assays zum Nachweis von Proteinen im Hochdurchsatz entwickeln. Wir haben Bioprozess-Ingenieure, die daran arbeiten, den optimalen Fermentations- und Downstream-Prozess (DSP) für die Skalierung einzurichten. Zum Team gehören auch Materialwissenschaftler, die Eigenschaften neuer Materialien wie Spannung oder Elastizität messen können. Fünf Ingenieure beschäftigen sich mit Protein-Design, maschinellem Lernen zur Verbesserung unserer Prozesse und deren Skalierung sowie mit Modellen, um das Verhalten von Organismen in silico zu verstehen. Sie simulieren die Form der Proteine am Computer und prognostizieren, ob sie tatsächlich entstehen, sich richtig falten und stabil sind.

Cambrium sitzt im Merantix AI Campus in Mitte und hat sein Labor in Buch. Wie funktioniert das?

Die Teams interagieren viel online miteinander, es gibt Formate wie ein Online-Kaffeetrinken mit einer zufälligen Person. Jeder Standort hat einen Bildschirm, um den Arbeitsalltag zu übertragen. Die Leute lieben es, ins Labor zu schauen! Natürlich arbeiten wir auch häufig an den anderen Standorten. Wir organisieren viele Teamveranstaltungen mit allen Mitarbeitern an beiden Standorten, und die Mitarbeiter verbringen auch ihre Freizeit gemeinsam.

Was macht Buch für Sie aus?

Wir wurden hier willkommen geheißen. Die Infrastruktur und all die Dienstleistungen, die in der Miete enthalten sind, haben uns geholfen, unser Labor sehr schnell aufzubauen. Hier gibt es ein außerordentlich gutes Netzwerk an Unterstützung von Leuten aus den Life Sciences. Das kann Wissen, den Austausch von Ideen betreffen, Dienstleistungen wie Analytik oder auch nur Verbrauchsmaterial im Labor.

Wo sehen Sie Cambrium in der Zukunft?

Unsere Vision bis 2030 ist es, dass unsere innovativen und nachhaltigen Materialien Bestandteil von 10 Milliarden Produkten sind. Dies machen wir möglich, in dem wir weitere wichtige Industrien, wie etwa die Mode- und Verpackungsindustrie für uns erschließen.

Interview: Christine Minkewitz / Campus Berlin-Buch GmbH

Video über Cambrium: "Die Biopioniere I Der Proteindesigner Mitchel Duffy entwirft Strukturproteine mit KI"

Quelle: buchinside 1/23
https://www.cambrium.bio/

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